Die Geschichte der Studentenverbindungen in Deutschland
Studentenverbindungen sind historische Organisationen mit langer Tradition, die einen bedeutenden Teil des heutigen Studentenlebens und des akademischen Werdegangs darstellen. Immer wieder tauchen deswegen Fragen auf wie: Warum tragen Verbindungsstudenten Couleur? Welche Prinzipien vertreten sie? Was ist eine Mensur?
Einblicke hierzu gab der Vortrag „Religion, Verbindungen und Politik. Zeugnis der Studenten für die Affirmation des freien Denkens“, gehalten von Andreas Zygmuniak, Mitglied der AV Salia-Silesia Gleiwitz zu Oppeln, beim Beuthener Kreis des Verbands der Bergbauingenieure und -techniker. Dieser Artikel fasst die Inhalte zusammen und ergänzt sie punktuell, um die Bedeutung der Studentenverbindungen im historischen und gesellschaftlichen Kontext besser zu verstehen.
Die mittelalterlichen Universitäten – Ursprung akademischer Traditionen
Bereits unter Karl dem Großen (768–814), König des Frankenreichs und später römischer Kaiser, begann die sogenannte karolingische Renaissance, welche Bildung, Kunst und Kultur förderte. Diese Zeit legte das Fundament für das europäische Hochschulwesen.
Im Verlauf der folgenden Jahrhunderte wurden bedeutende Universitäten gegründet, darunter:
- Bologna (1088)
- Paris (1200, hervorgegangen aus der Domschule)
- Oxford (ca. 1096)
- Prag (1348, erste Universität im Heiligen Römischen Reich)

Quelle: Wikipedia
Zeitgleich bildeten sich erste Vorläufer der heutigen europäischen Studentenverbindungen, die zunächst direkt den Universitäten unterstanden. Studenten lebten in sogenannten Bursen – Stiftungshäusern, vergleichbar mit heutigen Studentenwohnheimen. Der Begriff „Bursche“ leitet sich direkt davon ab und wurde später namensgebend für Burschenschaften.
Auch das „Pauken“ kommt von den Verbindungen. Hierbei war das Training für ein Duell, genannt „Mensur“, gemeint. Heute bedeutet es umgangssprachlich „Lernen“.
Das typische Couleur – bestehend aus Band, Mütze und Farben – entwickelte sich aus mittelalterlichen Kleiderordnungen und wurde über die Jahrhunderte hinweg zum Symbol studentischer Identität.
Reformation, Kriegszeit und studentische Kooperationen

Quelle: Wikipedia
Im Zuge der Reformation (16. Jahrhundert) und des Dreißigjährigen Kriegs (1618–1648) kam es zu tiefgreifenden gesellschaftlichen und religiösen Veränderungen – insbesondere im deutschsprachigen Raum. In dieser Zeit gründeten sich Landsmannschaften, vor allem an protestantischen Universitäten, als studentische Zusammenschlüsse mit regionalem Bezug. Diese waren zunehmend unabhängig von der universitären Verwaltung.
Auch das studentische Fechten (Mensur) wurde immer stärker reglementiert. Die Mensur, ein ritualisiertes Duell, wurde ein fester Bestandteil studentischer Kultur. Parallel dazu verbreiteten sich neue Formen von Verbindungen wie Orden (teils inspiriert von Freimaurerlogen) und Corps, besonders im Zeitalter der Aufklärung.
Einige dieser geheimen Vereinigungen wurden aufgrund von Skandalen oder ihres elitären Auftretens verboten und verfolgt.
Befreiungskriege und Aufstieg der Burschenschaften

Quelle: Wikipedia
Die Französische Revolution und die Napoleonische Ära führten zur Verbreitung moderner politischer Ideen – insbesondere der des Nationalstaats. Während der Befreiungskriege (1813–1815) wuchs unter deutschen Studenten das Verlangen nach einer einheitlichen Nation. Viele meldeten sich freiwillig zu den Freikorps.
Ein prägnantes Symbol dieser Bewegung war das Lützower Freikorps, zu dessen Mitgliedern auch der Dichter und Student Theodor Körner zählte. Nach den Kriegen setzte sich der Wunsch nach einem vereinigten Deutschland fort. Die Gründung der Urburschenschaft im Jahr 1815 markierte den politischen Anspruch der Verbindungen.
Studenten, wie Theodor Körner, meldeten sich während der Befreiungskriege freiwillig, weil sie ein politisch vereintes Deutschland anstrebten. Die „Freikorps“ hatten eine große Symbolwirkung.
Das Wartburgfest 1817, das dem 300-jährigen Reformationsjubiläum und dem Gedenken an die Völkerschlacht bei Leipzig gewidmet war, festigte die Bedeutung der Burschenschaften und deren Streben nach nationaler Einheit.

Quelle: Wikipedia
Der Kulturkampf und katholische Studentenverbindungen
Der zunehmende Einfluss Preußens und die Schwächung der katholischen Kirche im Kulturkampf führten ab Mitte des 19. Jahrhunderts zur Gründung katholischer Verbindungen. Daraus entstanden erste Cartellverhältnisse, aus denen schließlich der Cartellverband (CV) hervorging.
Der CV bekannte sich zum Couleurstudententum und zum Lebensbundprinzip, mit festen Werten und Traditionen. Die vier Grundprinzipien der CV-Verbindungen lauten:
- Religio (Religion),
- Scientia (Wissenschaft),
- Amicitia (Freundschaft),
- später ergänzt um Patria (Vaterland).
Trotz anfänglichem Widerstand etablierter Universitäten und anderer Verbindungen gewann der CV schnell an Bedeutung und wurde ein fester Bestandteil der akademischen Landschaft Deutschlands.
Studentenverbindungen heute: Traditionen, Werte und Identität
Auch heute bestehen zahlreiche Studentenverbindungen, die ihre überlieferten Werte und Rituale weiter pflegen. Zwar ist die Mensur in vielen Verbindungen nicht mehr verpflichtend – viele bezeichnen sich als nichtschlagend – jedoch bleiben Elemente wie Couleur, Comment (Verhaltenscodex) und die Prinzipien Religio, Scientia, Amicitia, Patria zentrale Bestandteile des Verbindungslebens.
Diese studentischen Korporationen stehen für:
- akademische Identität
- generationenübergreifende Freundschaften
- Verantwortung gegenüber Tradition und Gesellschaft
- und den Ausdruck freien Denkens

Quelle: Wikipedia
AV Salia-Silesia Gleiwitz zu Oppeln: Eine lebendige Verbindung in Schlesien

Quelle: salia-silesia.eu
Ein Beispiel für eine heutige, traditionsbewusste Verbindung in Oberschlesien ist die AV Salia-Silesia Gleiwitz zu Oppeln, gegründet 1992. Als Mitglied im Cartellverband vereint sie klassische Prinzipien mit zeitgemäßer Förderung junger Studenten.
Die Salia-Silesia begleitet ihre Mitglieder während des Studiums, schafft ein starkes soziales Netzwerk und bietet lebenslange Gemeinschaft auf akademischer Grundlage.
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Besuchen Sie die offizielle Website: www.salia-silesia.eu