Warum Neisse auf Minderheitensprache setzt

wochenblatt.pl 3 godzin temu
Zdjęcie: Studenten während eines Kurses an der Hochschule in Neisse Foto: Staatliche Akademie für angewandte Wissenschaften in Neisse


Die Staatliche Akademie der angewandten Wissenschaften in Neisse war eine der ersten Hochschulen in der Woiwodschaft Oppeln, die Kurse für Deutsch als Minderheitensprache für Lehrer angeboten hat. Florian Lippold sprach mit Prof. Dr. Monika Witt, der Dekanin der Neuen Philologischen Fakultät an der Hochschule, über die Kurse und Gründe für das abnehmende Interesse.

Die Staatliche Hochschule in Neisse bietet schon seit Langem Kurse für Deutsch als Minderheitensprache an. Wie sind Sie dazu gekommen, überhaupt erst ein solches Studium anzubieten?

Prof. Dr. Monika Witt
Foto: privat

Die allgemeine Germanistik in Neisse ist 2001 entstanden und war damit einer der ersten fünf Studiengänge, die ganz am Anfang der Hochschule existierten. Auch damals haben wir schon Lehrkräfte für Deutsch als Fremdsprache ausgebildet. Dabei haben wir festgestellt, dass die Lehrkräfte, die dann auch in unserer Region arbeiten, sehr oft Deutsch als Minderheitensprache unterrichten. Da haben wir uns gedacht: Natürlich, die Lehrer haben die Qualifikationen, sie können Deutsch unterrichten, aber irgendetwas fehlt. Deutsch als Minderheitensprache ist schließlich nicht dasselbe wie Deutsch als Fremdsprache! 2012 haben wir also an einem speziellen Studiengang extra für Deutsch als Minderheitensprache angefangen zu arbeiten. Entstanden ist daraus ein Modul des normalen Germanistikstudiums mit eigenen Vorlesungen, Seminaren und auch Praktika. Dabei geht es nicht nur um das reine Sprachniveau, sondern auch um identitätsstiftende Eigenheiten innerhalb der deutschen Minderheit. Und dabei meinen wir nicht nur die „hohe Kultur“ oder alles umfassende Traditionen, sondern auch die normale Alltagskultur! Und das haben wir dann in unseren Studiengang integriert, auf Grundlage des polnischen Gesetzes über die nationalen und ethnischen Minderheiten.

„Wir haben festgestellt, dass viele unserer Studenten überhaupt gar nicht wussten, dass es in Polen so etwas wie sprachliche Minderheiten gibt. Nachdem sie sich aber damit beschäftigt haben, fanden unsere Studenten das sehr faszinierend.“ – Prof. Dr. Monika Witt

Wie wurde der Studiengang damals aufgenommen?

Wir haben zuerst festgestellt, dass viele unserer Studenten überhaupt gar nicht wussten, dass es in Polen so etwas wie sprachliche und kulturelle Minderheiten gibt! Nachdem sie sich aber damit beschäftigt haben, fanden unsere Studenten das sehr faszinierend und wollten mehr lernen. Daraufhin haben wir unseren Studiengang noch mehr modifiziert und auch alltägliches Wissen über die Minderheiten mit eingebaut. Damit wollen wir zeigen: Polen ist kein Monolith, Polen ist bunt. Es gibt hier viel mehr Sprachen. Und natürlich können wir jetzt weder Sprachen wie Lemkisch noch Karäisch oder Schlesisch unterrichten, aber wir können darauf aufmerksam machen, dass es diese Sprachen gibt und alle Sprachen zusammen die kulturelle Landschaft Polens bilden. Daher finden wir es auch sehr wichtig, unseren Studenten diese Multikulturalität näherzubringen.

Studenten des Germanistikkurses in Neisse
Foto: Staatliche Akademie für angewandte Wissenschaften Neisse

Wie kann man sich den Ablauf dieses Studiengangs vorstellen?

Zuerst einmal ist der Studiengang ein Wochenendstudium, das heißt, Seminare finden am Wochenende in Präsenz statt, und Vorlesungen oder andere Kurse finden unter der Woche online statt. Das ist unsere Antwort darauf, dass viele unserer Studenten, die den Kurs belegt haben, nebenbei schon als Lehrer berufstätig sind und außer an den Wochenenden nur wenig Zeit haben, nebenher noch zu studieren. Trotzdem ist es eben kein Fernstudium oder reines Online-Studium, unsere Studenten nehmen noch immer an Präsenzveranstaltungen teil. Eines der übergeordneten Ziele ist dabei natürlich der sprachpraktische Unterricht. Die Teilnehmer müssen zum Ende des dreijährigen Studiums das Sprachniveau C1 erreicht haben, da halten wir uns strikt an die gesetzlichen Vorgaben. Das zweite Grundthema umfasst sprachkulturelle und literaturwissenschaftliche Thematiken sowie ganz viele Dinge für die eigentliche Lehrerausbildung. Nebenher müssen die Studierenden auch Praktika absolvieren und haben die Möglichkeit, an Veranstaltungen mit unseren Partnerhochschulen in Deutschland und Tschechien teilzunehmen. Der didaktische Teil ist dabei natürlich sehr umfangreich, wir halten uns da an die Standards des Bildungsministeriums. Am Ende unseres Studiums sind die Studenten dann also vollständige Lehrkräfte, mit besonderen Kenntnissen, die sie auch zum Unterricht von Deutsch als Minderheitensprache befähigen.

Die Studenten während einer Veranstaltung an der Partnerhochschule in Bamberg
Foto: Staatliche Akademie für angewandte Wissenschaften in Neisse

Wer kann an dem Studiengang alles teilnehmen?

Wir haben da eigentlich keine Begrenzungen, das Germanistikstudium ist offen für Menschen jeden Alters. Das Modul für Deutsch als Minderheitensprache selbst richtet sich dabei direkt an werdende Lehrkräfte und solche, die es bereits sind und sich weiterbilden wollen. Wir haben da auch recht kleine Kurse, daher können wir innerhalb der Gruppen sehr gut auf die Bedürfnisse und Fragen der einzelnen Studenten eingehen. Die Nachfrage nach den Kursen ist in den letzten sieben bis zehn Jahren aber leider stark zurückgegangen, deswegen haben wir derzeit nur einen einzigen Wochenendkurs mit 10 Teilnehmern.

Studenten während eines Kurses an der Hochschule in Neisse
Foto: Staatliche Akademie für angewandte Wissenschaften in Neisse

Warum ist die Nachfrage nach Deutsch als Minderheitensprache zuletzt so stark gesunken?

Wir sprechen ständig darüber, unter den Germanisten, aber auch innerhalb des Kollegiums an der Hochschule. Der erste Grund ist wohl einfach der, dass Deutsch als Sprache keine so große Rolle in der Welt mehr spielt, da ist Englisch klar viel wichtiger. Aber dadurch wird die deutsche Sprache sehr vernachlässigt, und auch weil es dort, wo selbst Deutsch unterrichtet wird, keine Auswirkungen für das Abitur hat. Im Grunde genommen kann ich das aber nicht verstehen! Denn die Arbeitsmöglichkeiten nach dem Germanistikstudium sind riesig. Das zeigt sich auch schon während des Studiums: Fast alle unserer Studenten fangen währenddessen schon an zu arbeiten, und sie machen auch das, was ihnen wirklich Spaß macht. Sie haben auch sehr viele Angebote. Selbst wenn sie später nicht als Lehrer arbeiten, können sie trotzdem als Dolmetscher oder Berater in großen Unternehmen arbeiten und die Firmen so unterstützen. Daher verstehe ich das nicht so richtig – das erscheint irgendwie gegen jede Logik. Ich möchte also jeden einladen, zu uns an die Akademie nach Neisse zu kommen, der gerne an einer kleinen Hochschule einen wichtigen Beruf erlernen möchte. Ich würde mich freuen, wenn die Nachfrage irgendwann wieder einmal so groß ist, wie sie es vor einigen Jahren mal war.

Wer Interesse an einem Germanistikstudium an der Staatlichen Akademie der angewandten Wissenschaften in Neisse hat, findet alle weiteren Informationen auf der Website pans.nysa.pl. Dort stehen auch alle Einzelheiten zum Studienbeginn sowie den Inhalten.

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